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Jutta Treiber

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Andere Medien und Kritiker über Jutta Treiber und ihr Werk: Pressestimmen
Der Standard  
Wolfgang Weisgram im ALBUM / DER STANDARD,
über die Zeit und Hannah
Printausgabe, 18./19.11.2006
Jutta Treibers Irreführungen in "Hannah und die Zeit" legen dem Leser den Nasenring an und führen ihn daran in ziemlichen Schlingerbewegungen herum.
 

So schnell kann man gar nicht schauen, schon tappt man in die Falle der streng gehegten Erwartungen. Frauenroman! Das klingt nach vielen Seiten selbstmitleidiger Innenschau, kaum nachvollziehbarem Beziehungsmuster und endlosem Jammern über gehabte Chancen, nach vielen Stunden mühseliger Rezensentenpflicht also. Und so blättert man sich lustlos durch die ersten paar Seiten, auf denen eine 08/15-Familie sich im Ägyptenurlaub vor dem Leser zu entblättern beginnt: Innenschau, Strickmuster, Jammern - Rezensentenpflicht.
 
Allmählich aber - und während dieser Phase hat man sich schon mehrmals gefragt, wie eine in der Jugendliteratur schreibgestählte Autorin wie Jutta Treiber sich zu so etwas hat herablassen können - entpuppt sich diese Erwartung als jene Reuse, die jedes gute Buch vor allem zu sein hat: Sie lässt den Leser zwar hinein, aber nicht mehr heraus. Im Fall von "Die Zeit und Hannah" ist es noch brutaler. Denn Jutta Treiber beherrscht ihr Handwerk aus dem Effeff. Sie legt dem Leser den Nasenring an und führt ihn daran in ziemlichen Schlingerbewegungen herum, wobei man sich die Autorin durchaus als schelmisch Lächelnde vorstellen darf. So sehr merkt man dem Geschriebenen noch die Freude am Herumführen an.
 
Treiber führt einen von der innerlich so verletzt scheinenden Hauptperson - Hannah - und dem unabdingbar zu so einer gehörenden Widerling zum umgekehrten Szenario und von dort wieder zurück. Hannahs Mann, Ed, scheint dann auf einmal ebenso innerlich verletzt, die beiden Kinder sind einmal da, einmal dort, hin- und hergerissen von den Quälereien, die der Vater der Mutter und umgekehrt in einem fort zufügen. Der Widerling ist das Opfer einer Hysterie, die sich nährt aus der Widerlichkeit, die ihrerseits sich an der Hysterie labt und so weiter.
 
Über dreißig Jahre spannt sich der Bogen des Romans. Weder die Widerlichkeit  noch die Hysterie nützen sich dabei ab. Dem Schrecken ein Ende zu bereiten, dazu fehlt den beiden Kleinstadt-Protagonisten nicht nur die Kraft, sondern wohl auch die Motivation, man kann sich auch ans Quälen und ans Gequältwerden gewöhnen.
 
Die Erzählung lebt freilich nicht nur durchs Irreführen, sondern auch und vor allem durch Treibers sprachliche Schonungslosigkeit, die mit den Worten nicht nur Stimmungen und Landschaften malt. In manchen Momenten überkommt einen der Eindruck, als würde hier die analytische Beobachtung bis zu jenem Punkt getrieben, an dem sie der Autopsie gleicht.
 
Mit geradezu forensischem Gleichmut sichert sie die Spuren und Beweismittel. Die drei Jahrzehnte, die der Roman in drei Abschnitten umspannt, werden so zum Tathergang. Freilich gibt es keine Tat. Die ist bloß das Leben, wie es außerhalb von Buchdeckeln üblich ist. Das ist es wohl, was "Die Zeit und Hannah" so prall macht.

 


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